Bei einem Lipödem handelt es sich um eine Fettverteilungsstörung. Dabei kommt es sowohl zu einer Vergrößerung (Hypertrophie) von Fettzellen im Unterhautfettgewebe als auch zu einer Vermehrung (Hyperplasie) von Fettzellen. Betroffen sind in der Regel das Gesäß, die Hüften und/oder die Beine und seltener die Arme. In diesen Bereichen werden auch die kleinen Blutgefäße (Kapillaren) durchlässiger. Dadurch wird vermehrt Flüssigkeit aus den Kapillaren ins umliegende Gewebe abgegeben. Kann diese vermehrte Flüssigkeit vom Lymphsystem nicht mehr bewältigt und abtransportiert werden, entsteht zusätzlich ein Ödem (Wassereinlagerung). Außerdem werden die Kapillaren empfindlicher und reißen schon bei kleineren Krafteinwirkungen wie Druck von außen oder leichten Stößen ein. Die Folge sind vermehrt auftretende Blutergüsse (Hämatome). Durch die Vergrößerung und Vermehrung der Fettzellen im Unterhautfettgewebe und die gesteigerte Wasseransammlung entstehen eine Berührungsempfindlichkeit, ein Spannungsgefühl und oft auch Schmerzen im betroffenen Gebiet.
Ein Lipödem ist häufig mit körperlichen Beschwerden, aber vor allem auch mit psychischen Belastungen aufgrund des veränderten Aussehens für die Betroffenen verbunden.
Die Ursachen für die Entstehung eines Lipödems sind noch weitgehend ungeklärt. Eine genetische Veranlagung wird vermutet, da Lipödeme in manchen Familien gehäuft vorkommen. Auch ein Zusammenhang mit einer hormonellen Umstellung gilt als sehr wahrscheinlich. So treten Lipödeme vermehrt in der Pubertät oder nach einer Schwangerschaft auf. Das Körpergewicht (Übergewicht, Normalgewicht oder Untergewicht) und die Ernährung sind nicht ausschlaggebend für die Entwicklung eines Lipödems. Es ist aber bekannt, dass die Reduktion von Übergewicht und das Halten eines Normalgewichtes positive Auswirkungen auf den Verlauf eines Lipödems haben.
Betroffen sind fast nur Frauen. Der Beginn der Erkrankung liegt meist zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Prinzipiell kann die Erkrankung aber in jedem Alter auftreten. Die Verteilung ist beidseitig (symmetrisch). Je nach Ausprägung der Fettverteilungsstörung wird auch vom Reithosen-Phänomen (Gesäß und oberer Teil der Oberschenkel), Suavenhosen-Phänomen (Hüfte bis Sprunggelenke) oder Säulenbein (Verteilung über die gesamte Beinlänge) gesprochen.
Eine ursächliche (kausale) Therapie für das Lipödem gibt es nicht. Ziel jeder Behandlung ist es, die Symptome zu lindern und ein Fortschreiten der Erkrankung möglichst zu verhindern. Zu den Therapiemaßnahmen zählen Gewichtsreduktion oder das Halten von Normalgewicht, ausreichend Bewegung und Sport sowie meist auch eine Kompressionstherapie (äußerer Druck, normalerweise durch Tragen von Strümpfen) und manuelle Lymphdrainage (Behandlung, die den Lymphabfluss fördert).
Als operatives Verfahren hat sich eine Fettabsaugung (Liposuktion) als effektiv gezeigt. Hierbei können die vermehrten Fetteinlagerungen deutlich reduziert werden.
Eine Fettabsaugung kommt in Betracht, wenn durch konservative (nicht operative) Maßnahmen wie Kompressionstherapie, Bewegung und Sport, Gewichtsnormalisierung und manuelle Lymphdrainage keine zufriedenstellende Linderung der Symptomatik erzielt werden kann. Durch die Liposuktion gelingt es häufig, einen Zustand zu erreichen, bei dem die konservativen Maßnahmen nach der Operation stark reduziert oder ganz beendet werden können.
Um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, sollten folgende Empfehlungen vor der Operation beherzigt werden:
Es gibt verschiedene Techniken, die bei der Fettabsaugung zur Anwendung kommen können. Hierzu zählen die:
Die Tumeszenz-Technik wird am häufigsten angewendet. Hierbei wird eine Mischung aus einem lokalen Betäubungsmittel, sterilem Wasser, Cortison und Natriumcarbonat in das Unterhautfettgewebe gespritzt. Dieses Flüssigkeitsgemisch bewirkt eine Ablösung der Fettzellen vom Nachbargewebe. Nach einer Einwirkzeit von ungefähr 30 Minuten werden die abgelösten Fettzellen über eine Kanüle abgesaugt. Die dafür erforderlichen kleinen Hautschnitte werden danach mit Nähten verschlossen.
Bei der Vibrationstechnik wird zunächst eine Kombination aus Lokalanästhetikum (Betäubungsmittel) und Kochsalzlösung in das Operationsgebiet gespritzt. Danach sorgen vibrierende Kanülen dafür, dass die Fettzellen aus dem umliegenden Gewebe gelöst und anschließend abgesaugt werden können. Dieses Verfahren ist besonders schonend für die im Operationsgebiet liegenden Gefäße und Nerven.
Bei der Wasserstrahl-assistierten Liposuktion (WAL) wird zusammen mit einer Tumeszenz-Lösung (siehe unter Tumeszenz-Technik) ein Hochdruck-Wasserstrahl ins Gewebe eingeführt. Dieser sorgt für das Lösen der Fettzellen vom umliegenden Gewebe. Danach können diese abgesaugt werden.
Bei der Laserlipolyse werden die Fettzellen durch die Wärmeenergie des Laserstrahls verflüssigt und können dann abgesaugt werden. Diese Methode eignet sich eher für die Absaugung kleinerer Fettmengen bis 500 Milliliter. Bei der Behandlung größerer Fettdepots werden mehrere Sitzungen nötig.
Bei dem Verfahren mit Radiofrequenzenergie erzeugen Radiofrequenzwellen die Hitze, die zu einer Auflösung der Fettzellen führt. Diese können dann anschließend, wie bei der Laserlipolyse, abgesaugt werden. Diese Methode hat zusätzlich einen straffenden Effekt auf die Haut.
Bei der Ultraschall-assistierten Liposuktion (UAL) wird zunächst auch eine Tumeszenz-Lösung gespritzt. Dadurch wird das Fettgewebe aufgeschwemmt. Eine danach eingeführte Ultraschallsonde gibt Energie ins Fettgewebe ab. Diese Energie zerstört die Fettzellen, so dass sie abgesaugt werden können. Ein Nachteil dieser Methode ist das Risiko, durch die Ultraschallenergie auch gesundes Gewebe zu verletzen.
Jede Operation birgt ein gewisses Risiko für Komplikationen oder Folgeschäden. Auch bei größter Sorgfalt des Operateurs können folgende Komplikationen auftreten:
Insgesamt ist die Fettabsaugung ein risikoarmes Operationsverfahren. Eine intensive Aufklärung über mögliche Komplikationen ist dennoch erforderlich.
Die Operation wird in den meisten Fällen ambulant durchgeführt. Eine Entlassung erfolgt am selben Tag, ansonsten am Tag nach der Liposuktion. Direkt nach der Operation wird Kompressionswäsche angelegt. Diese sollte für ein gutes Operationsergebnis die nächsten vier bis sechs Wochen konsequent getragen werden.
In den ersten Tagen nach der Liposuktion muss die eingespritzte Flüssigkeit noch abfließen. Am besten wird dies durch Bewegung unterstützt. Um den Heilungsverlauf insgesamt zu fördern, wird in der Regel zusätzlich manuelle Lymphdrainage verordnet. Die Berufstätigkeit kann nach einer guten Woche wieder aufgenommen werden. Bei körperlich schweren Arbeiten dauert die Arbeitsunfähigkeit eventuell auch länger. Hier sollte eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Meist ist es erforderlich, sich Urlaub zu nehmen, da eine Krankschreibung nur bei fortgeschrittenen Fällen eines Lipödems erfolgen kann. Sport sollte für ungefähr vier Wochen ausgesetzt werden. Zu einem mehrwöchigen Verzicht auf das Rauchen und den Konsum von Alkohol wird geraten.
Die Erfolgsaussichten nach einer Liposuktion sind günstig. Abgesaugte und entfernte Fettzellen bilden sich nicht wieder neu nach. Noch vorhandene Fettzellen können allerdings an Größe zunehmen. Deshalb ist es nach einer Liposuktion weiterhin wichtig, Normalgewicht zu halten. Eine Gewichtszunahme führt auch zu einer Zunahme des Lipödems und den damit verbundenen Beschwerden. Bei vielen Betroffenen kann die konservative Therapie aus Kompressionsbehandlung und manuellen Lymphdrainagen nach der Operation deutlich reduziert oder ganz beendet werden. Auch unangenehme Begleiterscheinungen des Lipödems wie wundgescheuerte Oberschenkelinnenseiten, vermehrte Beinfehlstellungen (X-Bein) und Gelenkverschleiß (Arthrose) werden positiv beeinflusst. Durch die Normalisierung des Aussehens nimmt die psychische Belastung ab. Alles in allem bringt die Operation für viele Betroffene eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.
Als kompetente Ansprechpartner für eine Fettabsaugung gelten Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie oder Fachärzte für Dermatologie (Hautärzte). Der Operateur sollte sorgfältig ausgewählt werden und möglichst über viel Erfahrung mit der Operation verfügen. In einem ausführlichen Gespräch sollte geklärt werden, welche Ergebnisse realistisch sind und welche Wünsche nicht erfüllt werden können. So lassen sich Enttäuschungen nach der Operation vermeiden.
Für eine eindeutige Diagnose des Lipödems wird der Besuch beim Venenfacharzt (Phlebologen), beim Gefäßspezialisten (Angiologen) oder beim Facharzt für Erkrankungen des Lymphgefäßsystems (Lymphologen) empfohlen.
Die Kosten für eine Fettabsaugung bei einem Lipödem sind abhängig von der Größe des Operationsgebietes und damit vom Operationsaufwand. Außerdem müssen die Ausgaben für die Arbeit des Narkosearztes (Anästhesisten) mit berücksichtigt werden. Mit Kosten zwischen 2.000 und 5.000 Euro sollte gerechnet werden.
Leider erfolgt in den meisten Fällen noch keine Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Nur bei fortgeschrittenem Lipödem ist es möglich, dass die Krankenversicherung für die Kosten aufkommt. Die Erstattung für konservative Therapiemaßnahmen wie manuelle Lymphdrainage hingegen ist meist problemlos.
Info | Antwort |
---|---|
OP-Dauer | 1 bis 2 Stunden, je nach Größe des OP-Gebietes |
Narkose | meist örtliche Betäubung (Lokalanästhesie), manchmal auch Vollnarkose |
Klinikaufenthalt | maximal 1 Nacht |
Aktivitäten | Sport und größere körperliche Anstrengungen: nach ungefähr 4 Wochen |
Arbeitsfähigkeit | Berufe ohne große körperliche Belastung: nach ungefähr 1 Woche |
Nachsorge | Kompressionswäsche: für 4 bis 6 Wochen |
Kosten | 2.000 bis 5.000 Euro, je nach Größe des Operationsgebietes |
Mindestalter | Volljährigkeit (kann in begründeten Einzelfällen früher möglich sein) |
Deutsche Gesellschaft für Phlebologie e.V. (DGP) – Was ist ein Lipödem?: https://www.phlebology.de/patienten/venenkrankheiten/lipoedem/ (online, letzter Abruf: 07.07.2022)
Lymphologischer Informationsdienst Rainer H. Kraus – Alles über das Lipödem: http://www.lipoedemportal.de/lipoedem-krankheitsbild-diagnose.htm (online, letzter Abruf: 07.07.2022)
AWMF online – S1-Leitlinie Lipödem: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/037-012l_S1_Lipoedem_2016-01-abgelaufen.pdf (online, letzter Abruf: 07.07.2022)
aktualisiert am 07.07.2022